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Sampling ist zulässig – Kraftwerk – Metall auf Metall

1. Juni 2016

Bundesverfassungsgericht – → 1 BvR 1585/13 – Urteil vom 31. Mai 2016 – Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichtes ist das Sampling grundsätzlich zulässig.

Sachverhalt

Der Verfassungsbeschwerde lag der Sachverhalt zugrunde, daß der Antragsteller, hier die Gruppe Kraftwerk, sich gegen die Verwendung einer gesampleten Rhythmik aus ihrem Musikwerk „Metall auf Metall“ wandte. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes betraf die Frage, inwieweit sich Musikschaffende bei der Übernahme von Ausschnitten aus fremden Tonträgern im Wege des sogenannten Sampling gegenüber leistungsschutzrechtlichen Ansprüchen der Tonträgerhersteller auf die Kunstfreiheit berufen können.

Begründung

Im Wesentlichen stellt das BVerfG fest, daß bei der rechtlichen Bewertung der Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken dem Interesse der Urheberrechtsinhaber, die Ausbeutung ihrer Werke zu fremden kommerziellen Zwecken ohne Genehmigung zu verhindern, das durch die Kunstfreiheit geschützte Interesse anderer Künstler gegenübersteht, ohne finanzielle Risiken oder inhaltliche Beschränkungen in einen Schaffensprozess im künstlerischen Dialog mit vorhandenen Werken treten zu können. Stehe der künstlerischen Entfaltungsfreiheit ein Eingriff in die Urheberrechte gegenüber, welcher die Verwertungsmöglichkeiten nur geringfügig beschränke, so können die Verwertungsinteressen der Urheberrechtsinhaber zugunsten der Freiheit der künstlerischen Auseinandersetzung zurückzutreten haben. Diese Grund­sätze gelten auch für die Nutzung von nach § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG geschützten Tonträgern zu künstlerischen Zwecken, so das BVerfG.

Sofern der Bundesgerichtshof (BGH) die Ansicht vertritt, daß die Übernahme selbst kleinster Tonsequenzen einen unzulässigen Eingriff in das Tonträgerherstellerrecht der Kläger darstelle, soweit der übernommene Ausschnitt gleichwertig nachspielbar sei, trage dies der Kunstfreiheit nicht hinreichend Rechnung. Denn wenn der Musikschaffende, welcher unter Einsatz von Samples ein neues Werk schaffen will, nicht völlig auf die Einbeziehung des Sample in das neue Musikstück verzichten wolle (oder auch könne, Red.), stelle ihn die enge Auslegung der freien Benutzung durch den Bundesgerichtshof vor die Alternative, sich entweder um eine Samplelizenzierung durch den Tonträgerhersteller zu bemühen oder das Sample selbst nachzuspielen. In beiden Fällen würden jedoch die künstlerische Betätigungsfreiheit und damit auch die kulturelle Fortentwicklung eingeschränkt.

Dieser Eingriff in die künstlerische Freiheit lasse sich nach Ansicht des BVerfG auch nicht durch eine entsprechende Lizensierungspraxis aufheben.

Der Verweis auf die Lizenzierungsmöglichkeit biete insoweit nach Ansicht des BVerfG keinen gleichwertigen Schutz der künstlerischen Betätigungsfreiheit. Denn auf die Einräumung einer Lizenz zur Übernahme des Sample bestehe grundsätzlich kein Anspruch. Auch könne die Einräumung einer Lizenz von dem Tonträgerhersteller aufgrund seines Verfügungsrechts ohne Angabe von Gründen und ungeachtet der Bereitschaft zur Zahlung eines Entgelts für die Lizenzierung verweigert werden. Des Weiteren könne der Tonträgerhersteller für die Übernahme die Zahlung einer Lizenzgebühr verlangen, deren Höhe er frei festsetzen könne, was faktisch zu einer wirtschaftlichen Unverwertbarkeit führe. Hinzu komme, daß sich der Prozeß der Rechteeinräumung bei Werken, welche viele verschiedene Samples benutzen und diese collagenartig zusammenstellen besonders schwierig gestalten könne. Die Existenz von Sampledatenbanken sowie von Dienstleistern, welche die Musikschaffenden beim Sampleclearing unterstützen würden, beseitigten diese Schwierigkeiten nur teilweise und unzureichend.

Auch das eigene Nachspielen von Klängen stelle nach Ansicht des BVerfG keinen gleichwertigen Ersatz dar. Denn der Einsatz von Samples sei eines der stilprägenden Elemente des Hip-Hop. Die erforderliche kunstspezifische Betrachtung verlange insoweit, daß diese genrespezifischen Aspekte nicht unberücksichtigt gelassen werden dürften. Hinzu komme, daß sich das eigene Nachspielen eines Sample als sehr aufwendig gestalten könne und die Beurteilung der gleichwertigen Nachspielbarkeit für die Kunstschaffenden zu erheblicher Unsicherheit führe.

Diesen Beschränkungen der künstlerischen Betätigungsfreiheit stehe nach Ansicht des BVerfG hier bei einer erlaubnisfreien Zulässigkeit des Sampling nur ein geringfügiger Eingriff in das Tonträgerherstellerrecht der Kläger ohne erhebliche wirtschaftliche Nachteile gegenüber. Ein Absatzrückgang sei nach Ansicht des BVerfG nur denkbar, wenn das neu geschaffene Werk eine so große Nähe zu dem Tonträger mit der Originalsequenz aufweise, daß realistischerweise davon auszugehen sei, daß das neue Werk mit dem ursprünglichen Tonträger in Konkurrenz treten werde.

Insofern hat das BVerfG auch den Umfang der zulässigen Sampledauer umrissen.

Im Ergebnis kommt das BVerfG damit zur der Feststellung, daß der Schutz kleiner und kleinster Teile durch ein Leistungsschutzrecht, welches im Zeitablauf die Nutzung des kulturellen Bestandes weiter erschweren oder unmöglich machen könnte, ist jedenfalls von Verfassungs wegen nicht geboten sei.

Nach Ansicht des BVerfG haben die Verwertungsinteressen der Tonträgerhersteller in der Abwägung mit den Nutzungsinteressen für eine künstlerische Betätigung zurückzutreten.

Der Fall ist zur abschließenden Entscheidung an den BGH zurückverwiesen worden.

Stellungnahme

Wer sich mit der Musikproduktion auch nur ansatzweise auskennt, kann ermessen, welche Auswirkung eine Bestätigung der Entscheidung des BGH gehabt hätte. Denn das Nachspielen von Klängen und Sequenzen ist bei historischen Aufnahmen, und damit kann man aufgrund der technischen Entwicklung auch die Aufnahmen von Kraftwerk mittlerweile bezeichnen, wegen des mittlerweile nicht mehr vorhandenen technischen Equipments bzw. der Instrumente und Synthesizer, nicht mehr möglich. Im Wege eines komplizierten Sounddesigns diese Sequenzen nachzuempfinden, oder die Sounds mit aktuellen VST´s oder heutigen Instrumenten nachzubauen, dürfte auch wirtschaftlich faktisch zu einer Unverwertbarkeit des Samples führen. Denn Kraftwerk hat als damaliger Soundpionier seine Instrumente und Module teilweise selbst gebaut und klanglich völliges Neuland betreten. Auch die Bestätigung der Rechtsansicht des BGH durch das BVerfG, die Verwendung selbst kleinster Tonschnipsel stelle bereits eine Urheberrechtsverletzung dar, hätte hier eine weitere Abmahnhölle entstehen lassen, aufgrund derer dann Musiker geschäftsmäßig auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch hätten genommen werden können.

Es bleibt abzuwarten, wie der BGH nunmehr entscheiden wird.

Verweise

→ Pressemitteilung Nr. 29/2016 vom 31. Mai 2016 Urteil vom 31. Mai 2016 1 BvR 1585/13

→ Volltext des Urteils des Ersten Senats vom 31. Mai 2016 – 1 BvR 1585/13

Kategorie: Allgemein, Urheberrecht

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