BGH, Urteil vom 24. August 2016 – VIII ZR 100/15
Leitsatz
1. Das auf der eBay-Internetplattform mit Eröffnung der Auktion erklärte Angebot eines Anbieters ist sowohl nach § 145 BGB als auch nach den zur Erläuterung des Vertragsschlußvorgangs aufgestellten eBay-Bedingungen darauf angelegt, „einem anderen“ als dem Anbieter die Schließung eines Vertrages anzutragen. Das Angebot kann deshalb nur durch einen vom Anbieter personenverschiedenen Bieter angenommen werden.
2. Das über ein zweites Mitgliedskonto unzulässig auf ein eigenes Angebot abgegebene Gebot eines Anbieters ist unwirksam und bleibt in der Reihe der abgegebenen Gebote unberücksichtigt. Ein regulärer Bieter muss es deshalb auch nicht übertreffen, um Meistbietender zu werden oder zu bleiben.
Sachverhalt
Im Juni 2013 bot der Beklagte auf der Internetplattform eBay einen gebrauchten PKW Golf 6 im Wege einer Internetauktion mit einem Startpreis von 1 € zum Verkauf an. Auf diesen Betrag bot ein unbekannt gebliebener Fremdbieter. Als einziger weiterer Fremdbieter beteiligte sich der Kläger an der Auktion.
Dabei wurde er vom Beklagten, welcher über ein zweites Benutzerkonto Eigengebote abgab, immer wieder überboten (sog. „Shill-Bidding“).
Derartige Eigengebote über ein zweites Mitgliedskonto um den Preis zu treiben sind nach den zugrunde liegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay unzulässig. Bei Auktionsschluß lag deshalb ein „Höchstgebot“ des Beklagten über 17.000 € vor, sodaß der Kläger mit seinem danach in gleicher Höhe abgegebenen Gebot nicht mehr zum Zuge kam.
Der Kläger ist der Rechtsauffassung, er habe das Kraftfahrzeug für 1,50 € – den auf 1 € folgenden nächsthöheren Bietschritt – ersteigert, weil er ohne die unzulässigen Eigengebote des Beklagten die Auktion bereits mit einem Gebot in dieser Höhe „gewonnen“ hätte. Nachdem der Beklagte ihm mitgeteilt hatte, das Fahrzeug bereits anderweitig veräußert zu haben, verlangte der Kläger Schadensersatz in Höhe des von ihm mit mindestens 16.500 € angenommenen Marktwerts des Fahrzeugs.
Entscheidungsgründe
Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat zunächst seine bisherige Rechtsprechung bekräftigt, daß sich der Vertragsschluß bei eBay-Auktionen nicht nach § 156 BGB (Versteigerung) beurteilt, sondern nach den allgemeinen Regeln des Vertragsschlusses (Angebot und Annahme, §§ 145 ff. BGB). Danach richtet sich das von einem Anbieter im Rahmen einer eBay-Auktion erklärte Angebot nur an „einen anderen“, mithin an einen von ihm personenverschiedenen Bieter. Damit konnte der Beklagte durch seine Eigengebote von vornherein keinen Vertragsschluß wirksam zustande bringen.
Der vorliegende Fall ist zudem durch die Besonderheit gekennzeichnet, daß außer dem Startgebot von 1 € und den Geboten des Klägers kein sonstiges reguläres Gebot abgegeben wurde, sodaß der Kläger den streitgegenständlichen Gebrauchtwagen zum Preis von 1,50 € ersteigern konnte. Der Senat hat deshalb das Berufungsurteil aufgehoben und die im Ergebnis der Klage stattgebende Entscheidung des Landgerichts wiederhergestellt.
In der Folge mußte nun der im Rahmen des sogenannten „Shill-Bidding“ Eigengebote abgebende Beklagte Schadensersatz statt der Leistung an den Kläger leisten.
Kritik
Ausnahmsweise mal keine.
Vorinstanzen
OLG Stuttgart – Urteil vom 14. April 2015 – 12 U 153/14
LG Tübingen – Urteil vom 26. September 2014 – 7 O 490/13
BGH
Pressemitteilung: → Nr. 113/2016
Pressemitteilung: → Nr. 144/2016
Volltext: → Urteil vom 24. August 2016 – VIII ZR 100/15